Historisches
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Die Philharmoniker im „Schutze“ der Wiener Berufsfeuerwehr (Feuerschutzpolizei)
Als die Kampfhandlungen in den Straßen Wiens an Intensität zunahmen und sich gleichzeitig das nahende Ende des Krieges abzuzeichnen begann, führten widrige Umstände die Besatzung der Wiener Feuerwehrzentrale und die Mitglieder der Wiener Philharmoniker zusammen.
Es ist der 6. April 1945, in der näheren Umgebung des Musikvereinsgebäudes am Schwarzenbergplatz werden schon aus umgestürzten Straßenbahnwagen Barrikaden errichtet und der Kampflärm kommt immer näher. Die Mitglieder der Wiener Philharmoniker sind sich einig, dass der Keller ihres Gebäudes in den sie sich zurückgezogen haben ungenügend Schutz bietet und auch zu klein ist. Man beschließt in das Burgtheater zu übersiedeln. Es erfolgt also ein kompletter Umzug der Musiker mit ihren Instrumenten und Familienangehörigen. Verschiedene Habseligkeiten sowie zwei Kontrabässe werden mit Handwagen geführt. Die Mitglieder Walter Barylli und Wolfgang Poduschka fahren mit Fahrrädern voraus um beim Abladen zu helfen. Starker Regen und ständiger Schlachtfliegerbeschuss behindern auch den Transport der mit einem Pferdewagen durchgeführt wird. Die Meldung eines Straßenbahners der ihnen zuruft „Die Russen kommen“ beschleunigt die Sache noch mehr.
Im Burgtheater angekommen versucht man sich so häuslich wie möglich einzurichten. Schlafstellen werden errichtet und die Mitglieder in fünf Gruppen eingeteilt. Der Vormittag des nächsten Tages bringt eine Nachricht die alle bestürzt. Das Burgtheater muss binnen drei Stunden geräumt sein, da die SS das Gebäude als neues Quartier benötigt, als Ersatz soll ein Keller in der Hofburg bereitgestellt werden. Da dieser Kellerraum aber maximal 50 Personen aufnehmen kann, beschließt man in Eigeninitiative eine andere Lösung zu finden. Ein Mitglied, Kollege Rudolf Streng, kennt das Haus am Tiefen Graben 4 und erkundet kurzfristig die Lage dort und dessen Zustand. Als er mit positivem Bescheid zurückkommt, man steht noch beim Burgtheater, schlagen zwei russische Artilleriesalven in das Parlament und den Volksgarten ein. Mit großer Eile wird der neuerliche Umzug in die hoffentlich sichere Unterkunft vollzogen.
Herr Barylli berichtet wörtlich: „Wir hatten einen Hauptraum und drei kleine Nebenräume zu unserer Verfügung und kamen darauf, dass wir uns an der Rückseite der Feuerwehrzentrale befanden. Es sind große Gewölbe, angeschlossen an die sogenannten Katakomben (das unterirdische Kellernetz Wiens) Bei einer späteren Erkundung kommen wir bis zur Tuchlauben Ecke Milchgasse. Die Luft hier unten war zwar sehr feucht, aber ständig frisch. Die Beleuchtung wurde durch eine Petroleumgaslampe der Feuerwehr besorgt. Später gab es ebenfalls von der Feuerwehr eine Notbeleuchtung mittels Autobatterien. Mit mitgebrachten Matratzen wurden Betten gebaut und Trinkwasser in Flaschen bereit gestellt .Man kam sich trotz der misslichen Sachlage auf den Notbetten im unterirdischen Gewölbekeller wie ein Fürst vor.“
Der Zeitzeuge Herr Barylli bei der Besichtigung der Kellerräume
Ein Raum der Kellergewölbe im Haus Tiefer Graben 4
Feuerwehrzentrale im Jahre 1946