Friday 6. December 2024

6. April 2013

Historisches

Firma Knaust / Wien 1822-1938

Die Geschichte einer Epoche machenden Feuerwehrgeräte-Erzeugung Heinrich Krenn*)
Heinrich Ludwig Fricke, geboren 1793, ein Mechaniker aus Braunschweig wanderte aus Deutschland nach Österreich ein und eröffnete am 22. Mai 1822 seine k.k. priv. Feuerspritzen und hydraulische Maschinenfabrik. Die Adresse lautete Leopoldstadt, Neue Gasse 119 in Wien – heute Wien 2., Untere Augartenstraße 31. Bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts war das Gebäude noch als das „Feuerspritzenhaus“ bekannt gewesen. Fricke führte den Betrieb mustergültig und schon im ersten Jahr nach der Gründung setzte der Erfolg beim Bau seiner Erzeugnisse ein. Er verwendete fast ausschließlich nicht rostende Metalle statt des bisher leicht rostenden Eisens. Damit sicherte er seinem Unternehmen einen guten Ruf in Fachkreisen. Nachdem sein einziger Sohn sehr früh verstorben war, holte Fricke 1842 seinen 16 jährigen Neffen Wilhelm Knaust zu sich nach Wien. Es war der Sohn seiner Schwester welche mit Theodor Knaust, dem Hofschauspieler in Weimar verheiratet war. Der Neffe sollte als Nachfolger das Lebenswerk von H.L. Fricke fortsetzen. Der junge Knaust begann in der Firma als Praktikant und besuchte nebenbei das Polytechnikum. Da Fricke bald darauf schwer erkrankte, betraute er den erst zwanzigjährigen Wilhelm mit der Leitung des Unternehmens. Einige Zeit nach dem Tode Frickes im Jahre 1847 wurde der Betrieb von seiner Witwe und seinem Neffen Wilhelm Knaust an die neue Adresse „Leopoldstadt Nr. 769“ verlegt. Das Gebäude einer ehemaligen Dampfwaschanstalt hatte wesentlich mehr Platz zu bieten. Wilhelm Knaust konnte durch seine bahnbrechenden Erfindungen auf dem Gebiet des Feuerlöschwesens und seiner Patenturkunden aus vielen Ländern seine Firma zur führenden in Wien machen. Eines der Patente waren die „Ventilhähne für Handkraftspritzen“ mit denen er im Jahre 1852 auf den Markt kam. Die Neukonstruktion war für diese Zeit epochemachend und galt in der Feuerwehrindustrie als vorbildlich. Ab 1856 hieß das Unternehmen „Wm. Knaust“. Der Firma zugute kam im Besonderen, dass genau in den nächsten Jahren in den österreichischen Ländern die ersten „Freiwilligen Feuerwehren“ gegründet wurden. Diese vermehrten sich innerhalb einiger Jahrzehnte auf einige Tausend und das brachte der Firma Knaust viele Aufträge. Die verschiedenen Landesverbände welche die Organisation übernahmen, waren für das Spezial-Unternehmen von großer Bedeutung. Die zum Großteil veralteten Löschbehelfe wurden durch „moderne“ geeignete Geräte und Einrichtungen ersetzt. Knaust hatte rechtzeitig den Trend der Zeit erkannt und in Voraussicht des kommenden Bedarfs gehandelt. Der Name seiner Fabrik war den Feuerwehren bald geläufig. Der Spritzenabsatz im Jahr 1852 betrug 175 Geräte und überschritt 1870 bereits die Tausender Grenze. Die erste exportierte Feuerspritze ging im Jahr 1853 nach Brussa in Kleinasien. Knaust war also relativ rasch weltweit tätig. Das ging soweit, dass man nachdem man die Länder Rumänien und Italien beliefert hatte, zur Errichtung von Verkaufsfilialen in Mailand und Bukarest schritt. Wie gut die Erzeugnisse der Firma „Wm. Knaust“ waren, mit denen man in den Handel ging, sah man zum Beispiel am 24. Februar 1867. Bei einer Konkurrenz machte man der deutschen Firma Karl Metz eindeutig den Rang streitig. Die Knaust Spritze trug wegen ihres gleichmäßigen und kräftigen Strahles den Sieg davon. Im selben Jahr wurde von Knaust in Wien die erste Dampffeuerspritze Type „Donau“ mit 2 Zylindern in vertikaler Bauart hergestellt. Sie ging aber nie in Serie und stand bis etwa 1925 in der Klein Münchner-Baumwollspinnerei der Brüder Löwenfeld und Hofmann bei Linz in Verwendung. 1874 baute die Firma eine Dampffeuerspritze nach amerikanischer Bauart mit 2 Zylindern in horizontaler Anordnung. Diese war über einen längeren Zeitraum bei der FF-Marburg a/d Drau in Verwendung. Manche wertvolle aus der Praxis bezogene Anregungen für den Bau von Geräten verdankte die Firma dem engen Kontakt zur Wiener Feuerwehr. Der sollte fast achtzig Jahre halten. Am Bau der Spritzen in den siebziger Jahren waren maßgeblich die beiden Ingenieure der Firma, Karl Bach und Georg Bandau beteiligt. Das wesentlichste Merkmal für den raschen Bekanntheitsgrad der Firma in allen Kreisen des Staates bildete der kennzeichnende Charakter der Gemeinnützigkeit. Nicht unwesentlich war aber auch der Umstand, dass Knaust auf der Höhe seines Schaffens mit der Firma eine Monopolstellung inne hatte. Die Fachkonkurrenz nahm sich sogar Knaust Produkte als Vorbild. Der Kundenstock erstreckte sich aber nicht nur auf die Feuerwehren. Es wurde auch an fast alle Militär, Zivilbehörden, an die meisten Eisenbahnen, Güterverwaltungen an den heimischen Hochadel und an große Industrien geliefert. Als man im Jahre 1873 in Wien die Weltausstellung eröffnete, war die Firma Knaust mit einem Ausstellungsstand in der Rotunde vertreten. In einer „Spezialschau“ wurde unter anderem die Dampfspritze „Donau“ vorgestellt. Gleichzeitig wurde diese zur Füllung des hochliegenden Wasserreservoirs der Ausstellung verwendet. Wilhelm Knaust wurde 1873 für seine hervorragenden Leistungen mit dem Ritterkreuz des Franz Josef Ordens ausgezeichnet. Nach solcher Anerkennung war es fast selbstverständlich, dass er den damals regierenden Kaiser Franz Josef I. zu einem Besuch seines Betriebes ersuchte. Am 13. März 1875 kam dieser zustande und trug dem Fabrikanten das Lob des Monarchen ein. Knaust baute weiterhin viele rationell konstruierte österreichische Spezial Typen welche über Jahrzehnte tonangebend waren. Ein im Jahre 1874 konstruiertes Dampfspritzen-Lokomobil erhielt auf der Landwirtschaftlichen Ausstellung im Mai 1875 in Küstrin eine goldene Medaille. Die Verbindung von Dampfspritze und Lokomobil, sollte die Einführung der damals noch mit Vorurteilen betrachteten Dampfspritzen erleichtern. Am 4. Juli 1878 ging bei der Feuerwehr der Stadt Wien die von der Firma Knaust hergestellte Zweizylinder-Dampfspritze in Dienst. Mit den Ingenieuren Martin Merz und Paul Buschendorf, beide in der Firma beschäftigt, entstand 1883 das Dreizylinder System für Dampfspritzen. Knaust baute ab sofort nur mehr solche Modelle. Etwa ab dieser Zeit war die Firma an der neuen Adresse Wien II Miesbachgasse 15 zu finden. Eine der letzten Neuheiten welche unter der Leitung von Knaust in der Firma gefertigt wurden, war die „Knaust`sche Schlauchkupplung mit gleichen Hälften“. Ingenieur Anton Schnepp, der im Jahre 1894 zur Firma kam, war daran maßgeblich beteiligt .Darüber hinaus wurden neue Messingstrahlrohre entwickelt, welche lange Zeit auf den Fahrzeugen der Feuerwehren Verwendung fanden. Einen großen Erfolg erzielte die Firma mit dem im Jahre 1895 für die Wiener Berufsfeuerwehr gebauten „Kohlensäurelöschwagen“. Ein Erzeugnis an dem wieder hauptsächlich Ing. Paul Buschendorf gearbeitet hatte. Er blieb bis 1912 in der Firma und ging von dort in den Ruhestand. Eine schwere Krankheit zwang Wm. Knaust im Jahre 1899 die Arbeit in der Firma zu beenden. Er übertrug die Leitung seinem ältesten Sohn und Prokuristen Gustav Knaust. Im Jahre 1900 wurde nach Plänen von Branddirektor Müller der WBF Wien eine leichte Drehturmleiter gebaut, deren Drehturm als Kessel ausgebildet gleichzeitig als Gasspritze Verwendung fand. Mit dem Tod von Wilhelm Knaust, am 2. Oktober 1901, verlor die Firma eine Persönlichkeit deren Name noch lange große Bedeutung in Feuerwehr-Fachkreisen haben sollte. Im selben Jahr fand in Berlin die „Internationale Ausstellung für Feuerschutz und Rettungswesen“ statt. Knaust Erzeugnisse wurden am Firmenstand und bei der Präsentation der Wiener Berufsfeuerwehr vorgeführt. Bei der Besichtigung der Ausstellung durch Kaiser Franz Josef, wurden die beiden Söhne Wm. Knaust´s als Vertreter des Unternehmens zu ihrer Leistungsschau beglückwünscht. 1902 ging die Firma laut testamentarischer Verfügung in den Besitz der Söhne über. Die führten sie von da an als Kommanditgesellschaft „Wm. Knaust“, mit dem ältesten und jüngsten Sohn Gustav und Wilhelm als öffentlichen Gesellschaftern. Aus dem Schaffen der nunmehrigen Kommanditgesellschaft konnte ein Produkt besonders hervorgehoben werden. 1903 stellte die Firma für die Feuerwehr der Stadt Wien das erste automobile Gerät her. Es war eine Kohlensäure Druckspritze auf Elektromobil. Da es sich um das erste selbstfahrende Feuerwehrgerät handelte, konnte die Firma Knaust auch die Priorität der Erstausführung für sich in Anspruch nehmen. Allein für die WBF Wien lieferte man innerhalb kürzester Zeit 40 Stück davon. Alle waren mit elektrischem Antrieb versehen. Sie wurden aber verschiedentlich als Dampf, Kohlensäure, oder Rüst und Mannschaftswagen ausgebaut. 1906 wurde in Wien der Reichsfeuerwehrtag abgehalten. Bei der Tagung hatte man unter anderem über eine einheitliche Schlauchkupplung zu entscheiden. Aus den Vorliegenden ging die verbesserte Patent Knaust Druckschlauchkupplung K 52 als zweckmäßigste hervor. Sie wurde unter der Bedingung der Patentauflassung zur Reichskupplung gewählt. Im Jahr 1912 kam es zwischen den Besitzern der Firma zu Auseinandersetzungen. In deren Verlauf sich die Geschwister auf die Auflösung der Kommanditgesellschaft einigten. Der ältere, bisherige Geschäftsführer Gustav Knaust, zog sich ins Privatleben zurück. Wilhelm führte die Firma unter seinem Namen allein weiter. Er war bei der Führung des Betriebes von Anfang an bestrebt einen modernen Stil hinein zu bringen und den bis dahin konservativen zu entfernen. Der Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 veränderte zwar einiges, aber .die Firma erlitt keinen nachhaltigen Schaden. Sie brachte unter anderem genau in der Mitte der Kriegsgeschehen 1916 also zu einer Zeit der größten wirtschaftlichen und technischen Schwierigkeiten eine Neuerung auf den Markt. Es war das erstgebaute Automobil-Benzinmotor Löschgerät. Eines von dreien, welche an die k. u k. Pulverfabrik in Blumau NÖ geliefert wurde. Die Fahrzeuge besaßen eine Hochdruck-Zentrifugalpumpe als Spritzwerk. Diese wurde auf Grund einer erworbenen Lizenz nach dem System der Firma Erhard & Sehmer AG aus Saarbrücken gebaut. Verantwortlich dafür zeichnete der damals neu in die Firma eingetretene Ing. Ignaz Winter. Das System galt als Ausgangspunkt einer langen Reihe von Benzinkraftspritzen. Während des gesamten Krieges belieferte die Firma Knaust fast alle Militärstellen der Monarchie. Der Bedarf steigerte sich dermaßen, dass die auszuführenden Arbeiten fast nur mehr für Heereszwecke dienten. Es handelte sich dabei nicht nur um Feuerspritzen sondern auch um Geräte allgemeiner Art. Es wurden Wassertransportgeräte, Leitern, Bau und Wirtschaftspumpen, Luftpumpen zum Aufblasen von Pionier- Schwimmsäcken und sogar Kalkmilchspritzen für die Umgebung der Schützengräben erzeugt. Für das Militär baute man auch einen Latrinen-Reinigungsapparat. Allfällig auftauchende Engpässe bei Arbeitskräften oder Materialien wurden relativ gut überstanden. Der nach dem Krieg folgende Umsturz mit Nachlassen der Konjunktur brachten das Unternehmen in ernste Schwierigkeiten. Im Jahre 1920 entschloss sich Knaust zur Heranziehung kapitalkräftiger Teilnehmer und gleichzeitig den Betrieb in eine Gesellschaftsfirma umzuwandeln. Zwei Personengruppen, nämlich die Familie Knaust und der Großhändler Armin Boschan gründeten unter Beibehaltung des geläufigen Firmennamens eine Gesellschaft m.b.H..Wm. Knaust blieb der Leiter des Unternehmens. Der ältere Sohn des Hauses Boschan, Dr. Ernst Boschan der sich rasch eingearbeitet hatte, unterstützte ihn dabei. Die neue Zusammenstellung der Firmenleitung war in einer äußerst ungünstigen Zeit erfolgt. Die wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten konnten aber durch die Aufstellung neuer Maschinen und einer weiteren Anhebung des Leistungsniveaus behoben werden. Eine zusätzliche Verbesserung brachte eine Verbindung mit der Firma „Aqua“ einem Unternehmen für Förderpumpen aller Art. Mit eingebunden werden konnte der Geschäftsleiter Ing.S. Armuth ein Könner seines Faches. Im gleichen Jahr baute die Firma eine Hochdruckzentrifugal-Pumpe Type F 80 für eine Autospritze der Daimler Werke welche eine besondere Unempfindlichkeit gegen Schmutzwasser hatte. Im Jahr 1923 schied W. Knaust aus der Firma und zwei Geschäftsführer, Johann Gornikiewizc und ein gewisser Marketschläger führten den Betrieb mit der alten Bezeichnung weiter. Ein Erzeugnis das im selben Jahr auf den Markt gebracht wurde, war eine neue Anhängerspritze, Gewicht 750 kg, 30 PS Vierzylinder Vergasermotor mit Wasserkühlung. Als Feuerlöschpumpe eine Kreiselpumpe Knaust mit 1250 l/ min., vorerst für den Handzug gedacht, später auch für KFZ gebaut. 1924 erfolgte die durch den österreichischen Normenausschuß beschlossene Umstellung auf die Knaust-Kupplung als „Einheits-Schlauchkupplung“. Die bis zu dem Zeitpunkt verwendeten Kupplungen System Storz hatten oft Mängel aufgewiesen und zu dieser Entscheidung beigetragen. Die bei der Wiener Berufsfeuerwehr in Dienst stehenden Pumpenwagen wurden mit Knaust Strahlrohren ausgerüstet. 1929 ging die Firma unter der Einwirkung des Börsenkrachs in Ausgleich. Neben der alten Adresse schien sie auch in Wien 21., Floridsdorf, Brünnerstrasse 71 auf. Das Konkursverfahren wurde 1929 eröffnet und dauerte einige Jahre. 1930 gründete man die letzte Firma unter dem Namen „Wilhelm Knaust & Co. Ges.m.b.H.“ (unter Austro-Fiat) die schließlich im Jahre 1938 entgültig aufgelöst wurde Der Gewerbeschein wurde 1940 zurückgelegt und die Firma 1941 aus dem Register gelöscht. 1943 stirbt Wilhelm Knaust im Alter von 75 Jahren. Produktionsmaterial, Zeichnungen, Modelle und auch Personal wurden einige Zeit danach teilweise von der Firma Rosenbauer übernommen. *) geb. 1939, Hauptbrandmeister der Wiener Berufsfeuerwehr a.D., derzeit Kustos des Wiener Feuerwehrmuseums (Archivar) Quellennachweis: Bericht über die Tätigkeit der WBF 1920-1929 100 Jahre Fa. Knaust, 1922 Verzeichnis des Wr. Feuerwehrmuseums 1925
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